Hund = Kuscheltier?

Es ist halt schon so: in unserer Gesellschaft wird alles gestreichelt und betatscht. Und gerade Hunde, die nett und kuschelig aussehen, da kann man kaum wiederstehen.

 

Gerade letztens wieder in der Mittagspause in der Steinen: ältere Dame mit Hund im Bistro, "Servierdüse" kommt an, sieht den Hund: "ooooh, hallo Du" und schon hatte er die Hand auf dem Kopf. Und der Hund fand das richtig blöd und zeigte das auch: "schnapp". 

 

Das reichte aber nicht. Das nette Fräulein zuckte zurück, startete dann aber in Angriff 2 "nein, musst doch keine Angst haben", zack, hatte er wieder die Hand auf dem Kopf. Ich bin dann nur kopfschüttelnd weiter gelaufen. Weiss nicht, wie die Geschichte ausging. Es war ein kleiner Hund, viel passiert ist wohl nichts. Hätte aber ein Schäferhund genauso reagiert, weiss ich nicht, wie das ausgegangen wäre. 

 

Nun mag es Menschen geben, die sagen: "ok, also wenn der Hund schon ins Restaurant mitgenommen wird, muss er sowas auch vertragen können!" 

Jein! Ich sage mir: klar, muss ein Hund einigermassen alltagsneutral sein und darf nicht einfach unter dem Tisch hervorkläffen, Menschen oder Hunde angehen. Aber dennoch muss er sich nicht von jedem betatschen lassen!

 

Ich weiss nicht, warum die Menschen nicht verstehen, dass es für einen Hund, egal ob er Menschen vertraut oder nicht, einfach eine sehr doofe Situation ist, wenn plötzlich von oben eine Hand kommt. Selbst ein Hund wie Nupri, der wirklich nett ist und Menschen toll findet, muss das nicht haben. Selbst von mir nicht. Auch er ist ein Hund, der selbst bestimmt, wann er gestreichelt werden will und wann nicht. 

 

Viele Menschen denken, wenn der Hund wedelnd auf sie zukommt, will er gestreichelt werden. Dies ist aber nicht so. Und auch wedeln heisst nicht zwingend, dass der Hund freundlich ist. Es gibt viele Arten zu wedeln. Der Hund vor dem Mauseloch wedelt auch. Das hat mit Freude nix zu tun. Aufregung ist das - nichts anderes. Aber das ist wieder ein anderes Thema: Freude und Aufregung. Dazu kommt noch ein separater Blog... :-)

 

Die meisten Hunde wollen in dem Moment, wo sie auf einen ihnen unbekannten Menschen zukommen, einfach nur schauen, wer da ist, wollen die Stimmung und die Energie des Menschen wahrnehmen, ihn scannen. Und das machen sie primär über die Nase. Heisst: nur weil der ankommt und schnüffelt, ist das nicht ein Freipass, ihn zu streicheln. Im Gegenteil: einen solchen Hund einfach zu streicheln, ist auf Hundesprache extrem respektlos. Und wenn wir Menschen so respektlos mit den Hunden umgehen, müssen wir uns auch nicht wundern, wenn sie es mit uns eben auch tun. 

 

Ganz schwierig und bedenklich finde ich, das gerade HUNDEBESITZER oft die Mühsamsten sind. Der Hund guckt etwas skeptisch und schon kommt der obligate Spruch: "weisst Du, Schätzchen, ich liebe Hunde. Habe auch einen zu Hause. Und Du bist ja auch süüüüüss...." und schon wird getatscht. 

Der Hund selbst schnüffelt an der Dame und denkt sich: "oh je, die gehört also zu dem frustierten, alten, unkastrierten Dackel, der mir immer Revier und Hündinnen streitig macht und uns an den Gartenzaun pisst  - na danke!"

 

Ja, da ist dann eventuell nicht so viel Sympathie vorhanden und der erfreute Spruch: "ja gell, Du riechst Meinen?!" muss auch absolut nicht immer positiv zu werten sein... 

 

 

Viele Leute, nicht nur Kinder, gehören auch zur Sorte "Fragen aber nicht auf die Antwort warten". Die kommen also daher, ganz freundlich: "darf ich den Hund streicheln?", Hand ist bereits ausgestreckt, 2 Sekunden später, zeitgleich mit der Antwort "NEIN" ist die Hand bereits auf dem Hund. Sie haben gefragt. Super. Aber die Antwort interessiert sie nicht. Warum fragen sie dann? Wo ist hier die Logik? 

 

Ich kann nur allen Hundehaltern raten: auch wenn Eure Hunde grundsätzlich freundlich sind. Lasst nicht einfach jeden ran. Und gerade bei Welpen ist Vorsicht geboten. Habe div. Kunden bei mir, die ihren Welpen nie geschützt haben, jeder durfte ran, inzwischen gehen die Hunde vorwärts. Das soll und darf nicht sein. Und wenn ein Hund gegen einen Menschen geht, gibts bei mir auf jeden Fall auch eine Korrektur. Denn wenn er Probleme hat, soll er weichen, nicht aber vorwärts gehen. Dies bedingt aber auch, dass er mir vertraut, dass ich es eben regeln kann. Wenn ich einen Hund habe, der 3 mal die Erfahrung gemacht hat, dass die Menschen weichen, wenn er es regelt, wird er das auch weiterhin machen. Da muss der Hundehalter seinem Hund also schon sehr klar zeigen, dass ER (also der Mensch) es genauso gut kann!

 

Ich rate meinen Kunden, die Hunde wirklich abzuschirmen und wenn es nett nicht geht, auch mal energisch zu werden. Hey, mit Euren Hunden müsst ihr leben. Die Leute, die da ankommen und unbedingt den Hund streicheln wollen, seht ihr nachher vielleicht nie wieder. Sollen sie sauer sein oder es nicht verstehen, das ist nicht euer Problem. Wollt Ihr euch bei fremden Leuten "einschleimen" um Euer Gewissen zu beruhigen, dafür ist der Hund dann versaut und vertraut Euch nicht mehr?! Nein, glaubt mir, das lohnt sich wirklich nicht. Also ich persönlich kann da wirklich zum Drachen werden, wenn irgend so eine Möchtegern-Hundeflüsterin daher kommt und meint, irgend einen, mir anvertrauten Hund betatschen zu müssen! Mir sch... egal, ob die auch Einen zu Hause hat oder Mehrere, oder ob sie seit 40 Jahren Hunde hat oder nicht. Interessiert mich wirklich nicht! Wenn ich weiss, der Hund mag das nicht, dann mag er es nicht. Basta!

 

Die Menschen, die nämlich wirklich (Hunde)-Verstand haben, die werden es verstehen. :-)