Stoppen, Abrufen oder Einladen?

 

Die Frage ist an sich recht schnell beantwortet: ein Hund läuft bei uns nicht 30 Meter vor. :-) 

 

Klingt lustig, ist aber so. Hunde werden bei uns an der "roten Linie" (siehe gleichnamiger Blog) aufgebaut. Sie müssen lernen, sich an uns zu orientieren, unsere Führung anzunehmen. Und erst wenn dies stimmt und passt (das kann manchmal einige Wochen dauern), dürfen sie, je nach Hundetyp, auch wieder vorne laufen. Aber die Basis ist dann halt so gefestigt, dass sie, bei Sichtung eines Aussenreizes sofort reagieren, im Idealfall selber den Kontakt zu uns suchen. 

 

Stimmt also unsere Basis, steht unser Fundament stabil und komme ich doch in eine Situation, wo ich den Hund bremsen muss, so werde ich ihn erst stoppen (über Stimme, Körpersprache), also mit einem Lass das! Wenn nun die Basis stimmt, wird der Hund anhalten, sich nach mir umdrehen und abfragen: was nun?

In dem Moment lade ich den Hund freundlich lächelnd zu mir ein und er wird auch freudig folgen, weil ich ihm ja sage, was er tun darf und er auch dankbar ist, dass ich nun die Entscheidungen übernehme und die Situation beurteile. 

 

Sollte er dies wider Erwarten nicht tun, stoppe ich ihn abermals (Tabu setzen) und lade ihn dann wieder zu mir ein (Sozialgeste). Dieser Übergang muss sehr schnell und fliessend erfolgen, unsere Kunden wissen das. 

 

Doch warum machen wir dies so? Ganz simpel: wenn ich einen Hund "gewöhnlich" zurückrufe, wie das in Hundeschulen "halt so gemacht wird", habe ich das Problem, dass ich in einer völlig bittenden Stellung bin. Ich flehe meinen Hund schier an, doch bitte zu kommen, zeige ihm das Würstchen und hoffe einfach, dass er kommt... Nun, wenn er aber keine Lust hat? Spätestens dann habe ich meine Kompetenz als Entscheidungsträger abgegeben. Weil ein Rudelführer, Entscheidungsträger wird nicht um etwas bitten, flehen, gar darum buhlen, dass der Hund doch bitte so nett sein soll und endlich kommt und das Würstchen annimmt... Ne, solche Spiele machen wir nicht. 

Und ja, tatsächlich, für den Hund ist das alles ein Spiel, wenn man es so macht. 

 

Was auch nicht zu unterschätzen ist: rufe ich meinen Hund und der kommt (in Erwartung des Würstchens) angebrettert wie eine Dampfwalze, ist dies auch extrem respektlos und unnatürlich, unhündisch. Kein Hund würde sich in einem Rudel trauen, so auf einen Führer zuzurasen. Bremsen, langsam kommen...  Das zeugt von Respekt und dies ist durchaus erwünscht.

 

Natürlich spricht nichts dagegen, meinem Hund einen "Notfallpfiff" beizubringen, wo er dann wirklich auch angebrettert und mich schlimmstenfalls mal umnieten darf weil er nicht mehr bremsen kann, ja. Aber das ist nicht Alltag und nicht die normale Kommunikation, die wir anstreben. 

 

Auch wichtig: viele Hunde haben Mühe, einen Reiz aus den Augen zu lassen. Gerade in der Begegnung mit Hunden, da findet immer eine Kommunikation statt. Steht nun plötzlich ein fremder Hund vor meinem Hund, so wäre das extrem respektlos und auch etwas leichtsinnig, wenn mein Hund sich nun von dem schnell abdreht und davonrennt. Ist einfach auch nicht hündisch und nicht höflich. Gut, da ist auch menschlich einiges an Irritation zu erwarten, wenn jemand vor mir steht, mich anspricht, mir die Hand hin hält - und plötzlich völlig irr vor mir wegrennt als sei ihm in den Sinn gekommen, dass er seinen Zug verpasst...

 

Da kann es durchaus passieren, dass der eigene Hund dann vom Fremden von hinten angegriffen / gebremst wird, weil es eben halt nicht hündisch ist, aus so einer Begegnung wie ein Trottel in die andere Richtung zu rasen. Da ist es sinnvoller, den Hund nur zu stoppen, die beiden Hunde sich kurz einschätzen zu lassen, sich vielleicht selbst dem eigenen Hund zu nähern, ihn abzuholen und dann mit ihm gemeinsam den anderen Hund zu passieren...