Der Gedanke zu diesem Blog ist vor vielen Monaten entstanden. Ich war bei einem Eintrittstest einer treuen Kundin mit ihrer süssen Labbi-Hündin für die Aufnahmeprüfung als Sozialhund dabei (die Hündin ist übrigens inzwischen ausgebildet und regelmässig in Altersheimen anzutreffen). Ihr Frauchen und sie sind ein super Team.
Die eine Übung war dort, durch eine Menschengruppe zu laufen. Meine Kundin tat das, ganz ruhig und cool wie immer, Hundchen auch ganz cool dabei, alles Bestens. Nach der Menschengruppe wurde das Frauchen dann allerdings etwas irritiert "angemacht", warum sie denn ihren Hund jetzt nicht auflöse?
Ihr fragender Blick zu mir zeigte dann die Tatsache: ja, wir brauchen das in unserer Arbeit eigentlich gar nicht... Doch warum?
Zur Situation selber: durch eine Menschengruppe zu laufen, ist meiner Meinung nach etwas, was zur Normalität für jeden Hund gehören soll. Also warum soll ich das nun speziell loben oder eine Übung draus machen? Ich laufe einfach da durch, das ist Alltag. Da ich mit dem Hund ja eine stabile BEZIEHUNG habe und er mir treu und vertrauensvoll folgt, weil er weiss, dass ich ein guter Entscheidungsträger bin, wird das auch problemlos klappen.
Das Selbe wie den Hund irgendwo warten lassen. Ich parke ihn, er soll bleiben wo er ist, er wartet einen Moment, ich gehe zurück, nehme ihn wieder mit.
Warum ein Theater draus machen? Damit es für den Hund dann richtig speziell wird, dass ich wieder komme? Das soll es doch nicht sein? Es soll doch "normal" sein. Ich komme ja eh wieder. Warum muss ich da jetzt ein "Gschiss" machen?
Vermenschlichen wir das mal. Ja, ab und an macht das tatsächlich Sinn. :-)
7 jähriges Kind, ich geh schnell in einen Laden was einkaufen, Kind wartet kurz draussen. Da komm ich doch nicht nach 5 Minuten wieder raus, falle meinem Kind um den Hals, drücke ihm 5 Schmatzer auf die Wange, stecke ihm einen Lolli in den Mund: "suuuuper, hast Du das gemacht, toll hast Du gewartet, siehst Du, Mami ist wieder da!" Hallo??? Das Kind würde wohl seine Eltern gleich direkt an die Flughafenstrasse in Basel (Psychiatrische Klinik) einliefern.
Aber beim Hund wird das oft gemacht.... ja, ja, ist wirklich so. Fühlt sich jemand ertappt? Ihr dürft gerne lachen, das ist gesund! :-)
Aber ernsthaft. Vielen Hunden macht dieses "Auflösen" jetzt nicht so viel aus.
Es gibt aber Hunde, wie z.B. mein Nupri, die eh manchmal etwas eigen sind... Diese Hunde kann ich mit diesem doofen Auflösen wirklich kaputt machen! Ich kann mit meinem Hund (da ich dieses Auflösen früher eben auch gemacht habe...) kaum mehr irgendwas machen, Tricks oder sonstwas, ohne dass der gleich am Rad dreht, rumhhüpft, mich anspringt, kläfft! Und nein, Leute, das ist NICHT Freude. Das ist Wahnsinn. Der Hund hat gelernt, dass Frauchen noch solchen Übungen jeweils anfängt zu spinnen, eine ganz miese Energie hochfährt und dann kaum mehr zu bändigen ist... Ja, so sieht er das.
Ein Beispiel: nehmen wir nochmals die Menschengruppe. Habe ich also einen Hund wie Nupri. Ich starte durch die Menschengruppe, Hund ist völlig cool, stresst ihn alles nicht, ist Normalität. Menschen gibts es nun mal in der Schweiz.
Jetzt fange ich an, jedes Mal, wenn ich sowas mache, mit ihm nach der Menschengruppe Party zu machen. Energie hochfahren, Spielzeug, was weiss ich... So, wenn ich das nun 5 mal gemacht habe, dann wird mein Hund schon mitten in der Menschengruppe in die Erwartungshaltung kommen: "gleich gibts Energie, Party, Frauchen pusht hoch". Also wird er bereits ebenfalls hochpushen, wird auf Level 7 kommen. So konditioniere ich doch meinen Hund dazu, die Menschengruppe als Speziell anzuschauen und vorallem, ihn soweit zu manipulieren, dass er anfängt auszuticken. Hatte ich vorher einen total neutralen Hund, ist das danach weg, weil ich ja eben diese Neutralität selbst weggemacht habe, in dem ich eben etwas lobe, was ja normal sein sollte... Und so löse ich keine Probleme sondern schaffe sie.
Kompliziert? Ja, sorry. Ist sehr komplex das Ganze.
Ich werde wohl zu dem Thema noch weitere Blogs schreiben... :-)