verschollen im Mauseloch

Ich war auf dem Weg zu den Volieren beim Gymi Oberwil. Vor mir, auf der anderen Seite des Weges in der Wiese, war ein Golden Retriever fleissig am Mäuse suchen.

Frauchen war bereits einige Meter weiter gelaufen und rief: "Joya, komm jetzt. Lass doch die Mäuse in Ruhe, komm, wir müssen heim!" 


Joya würdigte Ihr Frauchen keines Blickes, wahrscheinlich hörte sie gar nix, immerhin steckte der Kopf ja bereits bis zu den Schlappohren unter der Erde. Und das mit dem "Wir müssen heim" war wohl für sie sowieso ein Missverständnis denn sie hatte Zuhause kaum Termine. 

Frauchen wartete geduldig einen Moment, wahrscheinlich in der stillen Hoffnung, Ihr Hundchen möge doch kooperieren. Nichts zu wollen.


Auf dem anderen Weg kam nun nochmals ein Frauchen mit Hund (oder eher umgekehrt...) daher, die schienen sich alle zu kennen. Kurze Ansprache der beiden Frauchens, sie hatten wohl einen Plan. Nun wurde der andere Hund Richtung Mauseloch-Goldi geschickt. Er sollte das inzwischen bereits bis zu den Schultern eingegrabene Tier wohl holen. Nun gut, das war dem kleinen aber nicht so einfach zu erklären, denn er konnte den Goldie gar nicht sehen. Wahrscheinlich waren es dann eher die durch die Luft fliegenden Erdbrocken, die ihn veranlassten, mal nachzuschauen, was es dort denn so zu sehen gab. 

 

Angekommen beim Goldi ein kurzer Kläffer: "he, hallo Du?!"
Keine Reaktion. Er rannte zurück zu Frauchen: "die hat mich nicht bemerkt".

Er wurde nochmals geschickt. Immerhin... Joya hob nun kurz den Kopf:

 

"hallo, auch da? Du, hab grad Termine! Geht doch schon mal alle weiter, ich kenne ja den Weg, bin dann in 3 Stunden auch zu Hause..."

 

Der kleinere Hund sauste wieder zurück, richtete die Botschaft aus und sein Frauchen, weise wie sie schien, beschloss dann mal zu gehen und liess das andere Frauchen bedröppelt und sehr einsam auf dem Weg zurück.

Ihr Hund war inzwischen kaum mehr zu sehen, nur ein Teil des hellen Rückens war auf dem Feld noch zu erahnen, der Rest befand sich bereits im Loch. 


Während ich das alles beobachtete, musste ich plötzlich laut lachen: hatte ich doch gerade eine bildliche Eingebung von der ganzen Mausefamilie, wie sie am Notausgang 3 meter weiter stehen und genauso gespannt zugucken und sich amüsieren wie ich... 

 

Wie auch immer, das Tier hatte wirklich Ausdauer. Und Frauchen auch. Ich bewunderte ihre Geduld und fragte mich, ob die wohl auch sonst im Leben so stoisch und nicht aus der Ruhe zu bringen ist.

 

Nach einigen Minuten versuchte sie es nochmals, immer noch mit Engelsstimme, allerdings war der inzwischen leicht angesäuerte Unterton nicht zu überhören:
"Kommst Du jetzt endlich? Also ich geh dann jetzt wirklich schon mal vor...."


Hundchen zeigte natürlich auch dieses Mal absolut keine Reaktion und grub fleissig weiter, Frauchen bewegte sich nun tatsächlich vom Hund weg, drehte sich nochmals um, winkte: "tschühüüüüüüss, ich geh jetzt"

Den Hund juckte dies erwartungsgemäss gar nicht, er hatte ja schliesslich andere Termine. Graben, Graben, Graben. 

Und wisst Ihr was? Das Frustrierende an der Sache ist: ich weiss nicht mal, wie es ausging. Denn ich wollte ja eigentlich was arbeiten. Also begann ich damit auch. Ich weiss nur noch, dass ich Frauchen aus dem Augenwinkel immer weiter weglaufen sah, immer wieder sich umdrehend und winkend (wahnsinnig sinnvoll, wenn der Hund ja gar nicht schaut. Ist genau gleich wie die Menschen, die am Telefon mit den Händen gestikulieren) - und als ich 15 Minuten später ne kleine Pause machte und nochmals nachsah, waren sowohl Hund als auch Frauchen weg.


Das einzige, was noch an diesen amüsanten Vorfall erinnerte, war das fast Golden-Retriever-grosse Loch, welches der Hund hinterlassen hatte und der Bauer sich bestimmt sehr darüber ärgert! 

 

 

Ok, nun mal ehrlich: klar kann man sagen: "was ist da schon dabei?".

Sicher ist das "besser" (wenn man dies nun unbedingt werten will) als ein Hund, der Menschen anspringt, kleine Kinder erschreckt, andere Hunde schreddert, Radfahrer ausbremst. 

 

Und klar, ich musste ja auch lachen, hatte mich auch sehr amüsiert. Dennoch, als Trainerin sehe ich natürlich noch etwas tiefer (etwa so tief wie das Loch :-) ) in die Sache rein und kann nur noch (natürlich immer noch mit einem leichten Schmunzeln) folgendes sagen: 

 

Abgesehen davon, dass es doch nicht sein kann, dass ein Hund so dermassen in Rage gerät über ein Mauseloch, dass er absolut nicht mehr ansprechbar ist und sich selbst eingräbt, haben Bauern an sowas wirklich keine Freude! 

 

Und ich verstehe halt die Menschen nicht, warum sie sowas mit sich machen lassen. Diese Ignoranz, die der Hund da zeigt. Man kann ja mal rufen, ja? Aber wenn das nicht klappt, dann geht man doch einfach hin, beansprucht das Loch für sich selbst und weiter gehts! Nötigenfalls kommt der Hund halt mal einige Meter an die Leine. Was soll denn dieses "bitti bätti" immer? Klare Ansagen machen. Wenn der Rudelführer sagt, wir gehen weiter, dann gehen wir weiter. Dann wird doch nicht ne halbe Stunde darum gebettelt. Der Hund darf ja seinen Spass haben, da sagt keiner was, aber wenn ich weiter will, dann gehts weiter.

 

Ich weiss von Hunden, bei denen das so angefangen hat. Die dann aber, in den Wochen und Monaten danach, so "vergiftet" aufs Mausen wurden, dass die wirklich wie irr von Mauseloch zu Mauseloch übers Feld gerannt sind und effektiv nicht mehr eingefangen werden konnten! Die waren völlig ausser sich, die waren richtig am Wildern. Ja, auch das ist Wildern auch wenn es nicht um Rehe geht.  Und wenn der Hund dann bei so einer Aktion auch noch einen Hasen, oder im Frühjahr ein junges Reh aufscheucht, dann wirds richtig spassig... Das ist dann der Moment, wo die Leute (vielleicht) bei mir anrufen. :-)