Also packten wir (Danae hatte sich kurzerhand als Reiseunterhalterin, Mitdenkerin und Fotografin anerboten) Mitte November unsere Reisetaschen sowie meine beiden Hunde Lio und Robin und fuhren einmal quer durch Deutschland bis nach Polen. Nach einer doch ziemlich unspektakulären Anreise folgte eine etwas abenteuerlichere Ankunft im Hotel. Die Rezeption war zwar schnell gefunden, die Zimmerschlüssel übergeben und da standen wir nun etwas verloren mit Schlüssel, Gepäck und zwei Hunden. Sowohl Englisch als auch Deutsch erwiesen sich als wenig hilfreiche Begleiter, und da sich auch niemand so wirklich für uns zuständig fühlte, machten wir uns kurzerhand selbständig auf die Suche nach unseren Zimmern. Etwa 15 Minuten und einige Treppen später, bekamen wir dann doch noch Orientierungshilfe und konnten unsere Lager für die kommenden paar Tage einrichten.
Vier Tage individuelles Training standen nun also auf dem Plan und Polen schien mit seinen grossflächigen Naturflächen und dem grossen Wildaufkommen ideal um das Thema ‚Jagen‘ - die grosse und ziemlich unberechenbare Leidenschaft von Robin, meinem Pascha - etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Ausserdem hofften wir, so auch den ein oder anderen Schnappschuss auf die Kamera zu kriegen. Also begaben wir uns am kommenden Morgen voller Vorfreude fürs erste Kennenlernen ins Hotelrestaurant, wo Linda bereits auf uns wartete um bei Kaffee das weitere Vorgehen zu besprechen. Dass es sich bei meinen Hunden und meinen Ansprüchen um Jammern auf hohem Niveau handelt, war relativ schnell klar und so liessen wir die kommenden Tage einfach mal auf uns zukommen um zu sehen, woran wir noch schleifen können und welches Puzzleteil denn da noch irgendwo verborgen liegt.
In den folgenden Tagen arbeiteten wir also vor allem an Feinheiten in der Basiskommunikation, vieles, was wir unseren Kunden auch tagtäglich predigen. Aber manchmal tut es eben doch ganz gut, wenn einem selber mal jemand auf die Finger schaut. Etwas mehr Wumms hier, etwas weniger Druck da, etwas genaueres Timing und dabei natürlich immer auch die Kommunikation zwischen den beiden Hunden im Auge behalten. Und sich gleichzeitig auch immer wieder bewusst werden, wie toll wir im als Team bereits funktionieren. Unsere Spaziergänge führten durch die sogenannte Hundehölle (ein paar wildgewordene Hunde hinter den Gartenzäunen - für meinen halbstarken Lio zwar eine gute Übung, allerdings nichts wirklich Herausforderndes), über kilometerweite Sumpflandschaften sowie durch endlose Föhrenwälder.
Gegen 15.30h hielt jeweils der Sonnenuntergang seinen Einzug, die Tage waren entsprechend kurz, es bot sich dafür jedoch die ein oder andere Gelegenheit für ein paar stimmungsvolle Hundefotos bei Dämmerung am See.
Natürlich waren wir während der vier Tage stetig auch auf der Suche nach dem erhofften Freiwild, schliesslich ist das ja nach wie vor unsere eigentliche Baustelle. Und um es kurz zu fassen - unsere Erwartungen wurden mehr als enttäuscht. Als wäre unser Aufenthalt angekündigt worden herrschte selbst im wildreichsten Naturschutzgebiet absolute Totenstille. Die Spuren am Boden und das doch eher windige Wetter liessen die Hunde zwar erahnen, dass da normalerweise ganz schön was los ist, blicken liess sich die Beute allerdings kaum. Trotzdem kam dabei Robins ausgeprägter Wahrnehmungssinn und seine professionalisierte Jagdleidenschaft gut zum Ausdruck und es bot sich die ein oder andere Gelegenheit für ein ernstes Wörtchen.
Und dann, als hätte mich das Universum erhört, bot sich in den letzten fünf Minuten Polen-Intensiv noch der von mir herbeigesehnte Moment einer plötzlichen Wildsichtung (leider auch wieder nur ein gewöhnliches Reh) und somit die Gelegenheit einer situationsspezifischen Einschätzung von Linda. Diese war eher ernüchternd, bestätigte aber trotz allem auch meine eigenen Erfahrungen mit Robin. Ein Jäger aus Überzeugung, vermutlich gesegnet mit einem grossen Erfahrungsschatz und dem ein oder anderen Erfolgserlebnis in seinen jungen Jahren. Ob er diesbezüglich jemals 100% zuverlässig wird, bleibt ungewiss. Ich habe in den vier Tagen aber trotz allem eine Menge Input und neue Motivation mitnehmen dürfen und werde auf jeden Fall weiter an uns arbeiten.
Hat sich die Reise in meinen Augen gelohnt? Absolut. Liessen sich unsere Schwierigkeiten einfach auflösen? Nein, aber wir konnten sie neu beleuchten und unseren eigenen Werkzeugkoffer erweitern. Das Zusammenleben mit einem Hund ist ein stetiges Lernfeld und jede Hund-Mensch Konstellation wird eigene Themen antreffen, welche es aufzuarbeiten gilt.
So entwickelt auch jeder Trainer anhand seiner Erfahrungen seinen ganz eigenen Stil und legt den Fokus seinen Vorstellungen und Lebensumständen entsprechend auf unterschiedliche Dinge. Und genau das macht den Austausch untereinander in meinen Augen so wertvoll. Gleiche Grundprinzipien, gleiches Ziel aber unterschiedliche Schwerpunkte. Eine gesunde Mischung also aus neuem Input, Bestätigung für die eigene Arbeit und doch auch Herangehensweisen, mit welchen man sich selber nicht identifizieren kann und welche man selber anders handhaben möchte - was wiederum die eigenen Überzeugungen festigt.
Gleichzeitig gibt eine solche Zusammenarbeit auch immer wieder neue Ideen für eigene Projekte und mögliche Angebote, um die eigenen Kunden noch besser begleiten zu können.
Wir freuen uns entsprechend sehr, die gesammelten Erfahrungen in unsere Arbeit mit einfliessen und euch daran teilhaben zu lassen.
Und was Polen als Reisedestination betrifft - Auch wenn die Sprachbarriere anfänglich etwas Unbehagen schafft, sind die Leute sehr hilfsbereit. So kamen wir gegen Ende sogar mit den polnisch sprechenden Self-Checkout Kassen im Supermarkt zurecht, wo wir bei unseren morgendlichen Einkäufen jeweils für Belustigung sorgten.
Und bringt auf alle Fälle grossen Hunger mit, die riesigen Essensportionen werden sonst schnell zu einer unüberwindbaren Hürde. Landschaftlich betrachtet, hätten wir uns die ein oder andere Hürde in Form eines Hügels oder Berges zwar gewünscht (Gerade auch wegen dem vielen Essen), genossen dafür aber die menschenleere Weite und Ruhe.